Wo soll man bei all den Gebissen, die es gibt, anfangen? Oft wird dem Gebiss zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet und das, obwohl es ein wichtiger Teil der Zäumung ist. Ein Gebiss, das nicht zu Ihrem Pferd passt oder nicht richtig sitzt, kann zu Problemen beim Körpergebrauch Ihres Pferdes führen. Es kann schwierig sein, festzustellen, welches Gebiss für Sie ideal ist. Wie auch beim Menschen gilt, dass jedes Pferd seine eigenen Bedürfnisse hat. Es ist sinnvoll, jemanden, der sich mit Gebissen auskennt, um Rat zu bitten, wenn Sie sich auf die Suche nach einem neuen Gebiss machen. Dies kann Ihre Entscheidung etwas erleichtern.
Immer weniger Platz
Bei der Wahl eines Gebisses muss man sich zunächst mit der Weite und Stärke befassen. Welche Weite Sie benötigen, lässt sich am einfachsten feststellen, indem Gebisse in verschiedenen Größen probiert werden. Ein zu schmales Gebiss führt zu Irritationen an den Maulwinkeln, ein zu breites Gebiss bewegt sich zu viel. Das Gebiss hat eine ideale Weite, wenn Sie einen schmalen Finger zwischen Maul und Gebissring legen können. Die benötigte Stärke ist schwieriger zu bestimmen.
Über die Stärke des Gebisses hält sich hartnäckig die Meinung: je stärker ein Gebiss, desto sanfter die Wirkung. Theoretisch stimmt das: Mehr Fläche führt zu einer besseren Druckverteilung und somit zu einer subtileren Wirkung. In der Praxis funktioniert das aber nicht, weil Pferde immer eleganter gezüchtet werden und dadurch oft kein Platz mehr im Maul ist, um ein starkes Gebiss verwenden zu können. Ein starkes Gebiss ist dann sicherlich nicht sanfter, weil es nicht passt. Die Anatomie des Mauls bestimmt, welche Stärke Sie nehmen können: Das Gebiss muss bequem sitzen und das Maul muss sich gut schließen lassen.
Mundstück
Das Mundstück bzw. der Teil des Gebisses, der sich im Maul des Pferdes befindet, ist mit ausschlaggebend für die Wirkung eines Gebisses. Es gibt grob gesagt nur drei häufig vorkommende Gebisse, aber durch die Kombination mit Gebissringen entstehen viele Arten von Gebissen.
Möchten Sie neben der nachstehenden Erklärung auch selbst fühlen, wie ein Mundstück wirkt? Halten Sie doch einmal die Gebissringe fest und lassen Sie jemand anderen Zügelhilfen geben!
Ungebrochenes Mundstück
Dieses Mundstück wird auch Stangengebiss genannt und deshalb manchmal mit der Dressurstange verwechselt. Ein ungebrochenes Mundstück ist nicht nur in Kombination mit Schenkeln verfügbar, sondern auch ohne, wodurch es keine Hebelwirkung hat. Das Mundstück hat eine weiche Wirkung und wirkt vor allem auf die Zunge und fast nicht auf die Laden, außer wenn das Gebiss einen Zungenbogen hat. Ein Zungenbogen sorgt dafür, dass das Mundstück auch auf die Laden wirkt und dadurch eine schärfere Wirkung bekommt. Das ungebrochene Mundstück macht es unmöglich, einseitige Zügelhilfen zu geben, und das Mundstück ist daher nicht für Reiter geeignet, die noch nicht vor allem mit Schenkel- und Gewichtshilfen arbeiten.
Einfach gebrochenes Mundstück
Das Mundstück einer einfach gebrochenen Trense bewegt sich an einem Punkt. Es wirkt auf die Zunge, die Laden, die Maulwinkel und manchmal auch auf den Gaumen des Pferdes. Wenn eine Zügelhilfe gegeben wird, bekommt das Gebiss eine V-Form. Da dieses Mundstück nur einen beweglichen Punkt hat, liegt die Zunge freier als beispielsweise bei einem doppelt gebrochenen Gebiss.
Doppelt gebrochenes Mundstück
Bei einem doppelt gebrochenen Gebiss besteht das Mundstück aus drei Teilen, der mittlere Teil liegt dabei flach auf der Zunge. Dadurch entsteht mehr Druck auf die Zunge als bei einem einfach gebrochenen Mundstück. Je stärker das Mittelstück ist, desto mehr Druck wird auf die Zunge ausgeübt. Es gibt Varianten, bei denen das mittlere Stück zum Beispiel mit Ringen versehen ist, um das Kauen zusätzlich anzuregen.
Gebissringe
Neben dem Mundstück haben auch die Gebissringe einen Einfluss auf die Wirkung des Gebisses, sie bestimmen größtenteils, wie scharf ein Gebiss wirkt. Ein ungebrochenes Mundstück wird als sanft betrachtet. Wenn Schenkel und ein Zungenbogen hinzukommen und wir von einer Dressurkandare sprechen, handelt es sich jedoch um ein scharfes Gebiss, das besser nur von erfahrenen Reitern verwendet werden sollte. Um einen Eindruck von den verfügbaren Gebissringen und ihrer Wirkung zu vermitteln, werden wir nun zuerst die am häufigsten verwendeten besprechen.
Wassertrense
Eine Wassertrense ist ein Gebiss mit losen Gebissringen. Die Ringe können sich frei bewegen und das Gebiss liegt dadurch relativ locker im Maul. Das Pferd kann dadurch schwerer mit der Zunge gegen das Gebiss drücken und das Gebiss eignet sich daher für Pferde, die sich mit einem Gebiss mit festen Ringen zu sehr an der Reiterhand anlehnen. Zum Schutz der Maulwinkel wird die Wassertrense manchmal in Kombination mit Gebissscheiben verwendet.
Olivenkopftrense
Bei einer Olivenkopftrense können sich die Ringe nicht frei drehen, dadurch wirken Hilfen vom Reiter direkter. Das Gebiss liegt ruhiger und stabiler und eignet sich für Pferde, die unruhig im Maul sind. Es gibt Pferde, die sich aufgrund der ruhigeren Lage zu sehr an der Reiterhand anlehnen, in diesem Fall kann eine Wassertrense eine Lösung darstellen.
D-Ring-Trense
Wie der Name schon vermuten lässt, haben die Ringe dieses Gebisses D-Form. Die Ringe können sich nicht frei bewegen. Bei Zügelhilfen entsteht Druck auf die Wangen des Pferdes, dies kann vor allem bei jungen Pferden eine deutlichere Form der Kommunikation sein. Durch die Form kann der Reiter dieses Gebiss nicht durch das Maul ziehen. Dieser Gebisstyp wirkt etwas schärfer als die Wasser- und die Olivenkopftrense.
Knebeltrense
Die Knebeltrense hat zwei Knebel vor den Gebissringen. Die Knebel sorgen für Druck auf die Wangen, wodurch die Zügelhilfen mit mehr Nachdruck gegeben werden. Zudem sorgen sie dafür, dass das Gebiss nicht durch das Maul gezogen werden kann. Diese Eigenschaften machen dieses Gebiss zu einer guten Wahl für junge Pferde. Eine Knebeltrense kann mit Knebelriemchen verwendet werden. Sie halten das Gebiss an der richtigen Stelle und haben eine leichte Hebelwirkung Dieser Gebisstyp liegt ruhig und stabil im Maul und wirkt etwas schärfer als die oben genannten Gebissringe.
Beval-Gebiss
Das Beval-Gebiss hat zwei zusätzliche „Halbmonde“ an der Innenseite der Ringe. Am oberen Halbmond wird das Backenstück befestigt, am unteren die Zügel. Dieser Gebisstyp wirkt durch die sanfte Hebelwirkung schärfer als die Wasser- oder die Olivenkopftrense, aber weniger scharf als Gebisse mit Schenkeln.
Baucher-Trense
Eine Baucher-Trense hat aufwärts gerichtete Schenkel mit einem Ring zur Befestigung der Backenstücke. Die aufwärts gerichteten Schenkel erinnern an den oberen Teil eines Pelham-Gebisses, aber durch das Fehlen der unteren Schenkel wirkt dieses Gebiss weniger scharf als das Pelham-Gebiss. Es hat eine leichte Hebelwirkung und eignet sich für Pferde, die etwas stärker auf der Hand liegen.
Pessoa-Gebiss
Ein Pessoa-Gebiss ist eine Wassertrense mit einem zusätzlichen Ring auf der Ober- und Unterseite und wird auch 3-Ring-Trense genannt. Manche Pessoa-Gebisse haben unten noch einen zusätzlichen Ring. Die Backenstücke werden am obersten Ring befestigt, die Zügel am mittleren oder an den unteren Ringen. Das Gebiss kann mit ein oder zwei Zügeln oder mit einem Pelhamriemchen am mittleren oder unteren Ring verwendet werden. Je weiter unten die Zügel befestigt werden, desto größer ist die Hebelwirkung.
Pelham-Gebiss & Baby-Pelham-Gebiss
Das Pelham-Gebiss ist ein Gebiss mit langen oder kurzen Schenkeln, ein Pelham-Gebiss mit kurzen Schenkeln wird auch Baby-Pelham-Gebiss genannt. Je länger die Schenkel, desto größer die Hebelwirkung. Die Zügel können auf verschiedene Arten befestigt werden: ein einfacher Zügel am mittleren oder unteren Ring, ein doppelter Zügel oder ein einfacher Zügel in Kombination mit einem Pelhamriemchen. Ein Pelham-Gebiss wird mit einer Kinnkette verwendet. Diese Gebisse haben eine scharfe Wirkung und werden oft für starke Pferde verwendet oder in Situationen, die mehr Kontrolle erfordern, wie beim Springen oder Cross-Country.
Sonstige Gebisse
Neben allen oben genannten Varianten gibt es auch noch Gebisse, die weder zu Mundstücken noch zu Gebissringen gehören. Einige Beispiele hierfür sind:
· Unterlegtrense: Wird oft in Kombination mit einer Dressurkandare verwendet und ist einfach oder doppelt gebrochen mit Wasser- oder Olivenkopftrensenringen. Hat kleine Ringe, bietet also mehr Platz für die Dressurkandare. Es empfiehlt sich, eine Unterlegtrense zu wählen, die ca. 0,5 bis 1 cm größer ist als die Kandare.
· Dressurkandare: Wird in den höheren Disziplinen der Dressur oft in Kombination mit einer Unterlegtrense oder zum Beispiel in der akademischen Dressur in Kombination mit einem Kappzaum verwendet.
· Springkandare: Gebiss mit Kinnkette und leichter Hebelwirkung. Beliebt im Fahrsport und beim Springreiten.
· Liverpool-Fahrkandare: Häufig verwendet im Fahrsport. Kann auf viele Arten eingestellt werden, je niedriger die Zügel, desto stärker die Hebelwirkung.
Die letztendliche Wahl
Obwohl es keine maßgeschneiderte Lösung für jedes Pferd gibt, lässt sich mit den Informationen aus diesem und dem vorigen Blogeintrag besser abschätzen, welches Gebiss für Sie und Ihr Pferd geeignet sein kann.
Sind Sie Turnierreiter oder möchten Sie gerne Turniere reiten? Dann lesen Sie die Regeln der KNHS, um festzustellen, ob das Gebiss, das Sie bevorzugen, auch bei Turnieren erlaubt ist.